Eine Regel für den Dialog der Religionen ist: Kenne deine eigene Religion! Mit Blick auf das Fasten: Nicht nur Muslime fasten. Fasten ist auch für die christliche Tradition wichtig.
Alle großen Religionen kennen das Fasten. Man signalisiert den Göttern, wie arm man ist, damit sie es einen gut gehen lassen. In manchen Kulturen bringt Fasten Ansehen, in anderen Gruppenzwang. Für die cleveren Germanen fiel die christliche Fastenzeit in eine Zeit, in der die Lager leer waren und es außer Löwenzahn und Gänseblümchen nicht viel zu essen gab: Sie begann mit Aschermittwoch und endete mit Ostern. Heute, in einer Zeit der Fülle, isst man munter, Fastenzeit hin oder her. Betont wird Fasten dann, wenn einer nicht Götter beeinflussen will, sondern Menschen – er tritt in Hungerstreik. Es gab weltweit auch Gruppen, die sich zu Tode fasteten.
Für Christen ist wichtig zu fragen: Was hat Jesus dazu gesagt? Jesus hatte nichts gegen Fasten – aber etwas gegen Heuchelei. Man soll sich nicht vor Gott und Menschen groß zeigen: „Schaut her, ich faste!“, sondern soll es für sich tun. Wenn alle Menschen fasten, aber es dem Individuum notwendig erscheint, das Fasten zu brechen, dann hatte Jesus auch dagegen nichts. Jesus war als Sohn Gottes in dieser Hinsicht recht locker. Der Mensch war für Jesus wichtiger als die Einhaltung religiöser Regeln.
Ab dem 4. Jahrhundert wurden 40 Fastentage vorgeschrieben, um über sein Verhalten nachzudenken: Entspricht mein Tun dem Willen Gottes? An Sonntagen fasteten Christen nicht – weil der Sonntag ein Freudentag, eine Erinnerung an die Auferstehung Jesu, ist. Es gab Zeiten, in denen Fasten streng beachtet wurde: Drei Bissen Brot und drei Schluck Bier/Wasser am Tag waren erlaubt. Verboten war der Verzehr von Fleisch. Diese Zeit war keine leere Zeit, in der man vor sich hin hungerte. Sie war gefüllt mit Glaubensriten.
Heute ist das Fasten wieder populär. Jeder bestimmt selbst, worauf er verzichten will, wenn er denn verzichten will. Manche verzichten auf das, was ihnen am liebsten ist: Knabbereien, Fernsehen, PC-Spiele, Schminken, Alkohol, Sex… – alles, von dem man denkt, es könne einen beherrschen, soll man sieben Wochen zurückstellen. Es tut Körper wie Geist einfach gut, ein paar Tage lang äußerst reduziert zu essen – das wird Heilfasten genannt. Fasten fördert die Immunabwehr und schüttet, wenn der Heißhunger überwunden wurde, Wohlfühlhormone aus. Manche spenden das eingesparte Geld Hilfsorganisationen.
Aus christlicher Sicht werden Fastentage heute unterschiedlich begangen. Weitgehend enthält man sich am Mittwoch und Freitag der Fleischnahrung. Man isst morgens und abends eine Kleinigkeit – und dazwischen ist Pause.
Der Apostel Paulus sagte:
Ob einer fastet oder isst – er tue es freiwillig zur Ehre Gottes.
(Zuerst veröffentlicht im wir-Magazin.)