Gott hat zwei „Bücher“ geschrieben: die Bibel und die Natur, davon spricht Augustinus. Das zog sich durch das Mittelalter hindurch: das zweite Buch, die Natur, wurde auch von Gottes Hand geschrieben / geschaffen. Gott sprach – es entstand die Bibel. Gott sprach – die Schöpfung geschah durch Gottes Sprechen (Genesis 1). Und dieses Buch der Natur muss erforscht werden wie die Bibel. Und so staunte man über Gott, den Mathematiker. Alles in der Natur ist berechenbar, weil Gott es entsprechend angelegt hat. Entsprechend fühlen Menschen in der Natur etwas, das über die hinausgeht, das Transzendente, das Göttliche.
Der Theologe Ralph Waldo Emerson, der im 19. Jahrhundert sehr stark zu einem neuen Verständnis der Natur beigetragen hat, hat in seiner christlichen Zeit noch beides irgendwie verbunden und hat dann das zweite Buch, die Natur, immer stärker von Gott gelöst. Diese zwei Seiten der Welt: Eine Rolle/ein Buch – beidseitig beschrieben, so konnte man wohl im Mittelalter (sonderbarerweise) Hesekiel 2,9 und Apokalypse des Johannes 5,1 bis in die Neuzeit hinein interpretieren. Und dann haben sich Menschen immer stärker auf das zweite Buch als das wesentliche Buch, die Natur, konzentriert – ohne auf den „Schreiber“ zu achten. Das Buch hat sich selbst geschrieben. (Ich meine, manches darüber habe ich einmal in Consolmagno/Mueller: Wo war Gott, als das Universum geschaffen wurde? gelesen.)
Müsste nicht noch ein drittes Buch hinzukommen: das der Geschichte? Aber Menschengeschichte vernebelt die Geschichte Gottes mit dem Menschen ungemein stark. Die „gefallene Schöpfung“ nicht auch, in der jedes Wesen von der Vernichtung des anderen lebt? Emerson und co. haben die Natur noch idealisiert. Macht man heute auch noch gerne.